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Urlaubsanspruch bei Kündigung richtig berechnen

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7 Minuten Lesezeit
Urlaubsanspruch bei Kündigung

Der Urlaubsanspruch ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts und kann bei Kündigungen zu Unsicherheiten führen. Um sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber zu schützen, ist es wichtig, die gesetzlichen Regelungen zum Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses genau zu kennen.

In diesem Artikel werden die verschiedenen Facetten des Urlaubsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie die entsprechenden gesetzlichen Regelungen ausführlich erläutert.

Key Facts

  • Der Urlaubsanspruch richtet sich u.a. nach dem Kündigungszeitpunkt. Bei einer Kündigung nach dem 30.06 eines Kalenderjahres haben Arbeitnehmer*innen vollen Urlaubsanspruch.
  • Nicht genommener Urlaub ist abzugelten. Grundlage für die Abgeltung ist der durchschnittliche Bruttolohn.
  • Der Urlaubsanspruch bei Kündigung besteht unabhängig davon, ob es sich um eine fristlose oder ordentliche Kündigung handelt oder ob der*die jeweilige Mitarbeiter*in sich noch in der Probezeit befindet.

Urlaubsanspruch bei Kündigung – Rechtliche Regelungen

Urlaubstage Anspruch

Grundsätzlich gilt bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses folgender Grundsatz:

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben der Arbeitnehmer*innen Anspruch auf ihren vollen Urlaub. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für zusätzlichen Urlaub, der z. B. im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag vereinbart wurde.

Gesetzlicher Mindestanspruch Urlaubstage – § 3 BUrlG

Der Urlaubsanspruch berechnet sich nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 3 BUrlG). Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer 6-Tage-Woche 20 Tage pro Jahr. Bei einer 5-Tage-Woche beträgt der Mindesturlaub 24 Tage.

Resturlaub

Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der gesamte Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden (§ 7 BUrlG). Es kann jedoch vorkommen, dass am Ende des Jahres noch Urlaubstage übrig bleiben, der sogenannte Resturlaub. Das Gesetz sieht vor, dass der Resturlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen werden kann, allerdings nur für die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres. Dies ist jedoch nur zulässig, wenn dringende betriebliche Gründe dies erfordern.

Regelung Mindesturlaubsanspruch

Allgemeine Infos zum Urlaubsanspruch und dessen Berechnung können Sie auch unserem Artikel zum Thema „Urlaubsanspruch berechnen“ entnehmen.

Freistellung während der Kündigungsfrist

Grundsätzlich haben Beschäftigte das Recht, ihre Urlaubstage innerhalb der Kündigungsfrist zu nehmen. Der Arbeitgeber kann den Urlaub jedoch aus betrieblichen Gründen verweigern.

Abgeltung von Resturlaub

Können Mitarbeitende ihren Resturlaub nicht mehr nehmen, so muss er vom Arbeitgeber abgegolten werden. Die Höhe der Abgeltung entspricht dem durchschnittlichen Bruttolohn. Dies ist nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Urlaubsgeld – einer freiwilligen Leistung des Arbeitgebers. Mehr dazu in unserem Blogbeitrag zum Thema.

Besondere Regelungen

In einigen Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen gibt es Sonderregelungen zum Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Sonderregelungen können z.B. vorsehen, dass die Urlaubstage anteilig gekürzt werden, wenn Arbeitnehmer*innen das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden.

Unbezahlter Urlaub

Neben diesen gesetzlichen Mindesturlaubsansprüchen gibt es auch die Möglichkeit eines unbezahlten Urlaubs für Mitarbeitende. Was das ist, haben wir Ihnen ausführlich in einem Blogbeitrag auf der Factorial-Website erklärt.
Vorlage Urlaubsantrag

Urlaubsanspruch – Was für Beschäftigte gilt

Der genaue Resturlaub bei Kündigung, der Mitarbeiter*innen bei einer Kündigung noch zusteht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. dem Zeitpunkt der Kündigung, der Art der Kündigung und dem Vorliegen besonderer arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Regelungen.

Im Folgenden spielen wir verschiedene Situationen durch.

Urlaubsanspruch bei einer ordentlichen Kündigung

Bei einer ordentlichen Kündigung haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf ihren vollen Urlaub. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für zusätzlichen Urlaub, der z. B. im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag vereinbart wurde.

Generell sollte der Kündigungstermin so gewählt werden, dass der Resturlaub noch vor Ablauf des Austrittsdatums genommen werden kann. So vermeiden Sie als Arbeitgeber, dass der Resturlaub abgegolten werden muss.

Sie dürfen die Urlaubstage den ausscheidenden Mitarbeiter*innen nur dann verweigern, wenn dringende betriebliche Gründe es erfordern.

Wann genau solche dringenden betrieblichen Gründe vorliegen, haben wir in einem weiteren Blogartikel erklärt.

Urlaubsanspruch bei außerordentlicher Kündigung/fristlosen Kündigung

Unabhängig davon, ob die Kündigung vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmer*innen ausgesprochen wird, bleibt der Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer*innen bestehen. Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche (fristlose) Kündigung handelt.

Urlaubsanspruch bei Kündigung bis einschließlich 30. Juni:

Bei einer Kündigung bis zum 30. Juni des Jahres haben Beschäftigte Anspruch auf anteiligen Urlaub.

Der Anspruch wird nach folgenden Grundsätzen berechnet:

  • Zwölftel des Jahresurlaubs pro gearbeitetem Monat: Arbeitnehmer*innen haben Anspruch auf ein Zwölftel ihres Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, den sie im Unternehmen gearbeitet hat.
  • Beispiel: Bei einem gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen und einer Kündigung zum 31. Mai haben die Arbeitnehmer*innen Anspruch auf 8,33 Urlaubstage (20 Tage / 12 Monate * 5 Monate).
  • Aufrunden: Der Urlaubsanspruch wird auf volle Tage aufgerundet. Im obigen Beispiel hätten die Arbeitnehmer*innen also Anspruch auf 9 Urlaubstage.

Urlaubsanspruch bei Kündigung nach dem 30. Juni – voller Urlaubsanspruch bei Kündigung im 2. Halbjahr

Bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte des Jahres haben Mitarbeiter*innen grundsätzlich Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.

Voraussetzung:

  • 6-monatige Wartezeit: Der*die jeweilige Mitarbeiter*in muss mindestens 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sein, um den vollen Urlaubsanspruch zu erwerben.

Pro Rata Temporis Regelung

Ob den Mitarbeitenden ein über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehender Zusatzurlaub bei Kündigung gewährt wird, hängt davon ab, ob der Arbeitsvertrag eine „pro rata temporis“-Regelung enthält.

Bei Anwendung der „Pro-rata-temporis“-Regel sammeln Arbeitnehmer*innen Urlaubstage nur im Verhältnis zu der tatsächlich gearbeiteten Zeit. Fängt ein*eine Arbeitnehmer*in beispielsweise erst im Juli an zu arbeiten, so hat er*sie mit dieser Klausel nicht Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub, sondern nur auf einen Bruchteil, der sich nach den verbleibenden Monaten richtet.

Wichtig ist jedoch, dass trotz einer bestehenden pro rata temporis-Regelung der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht unterschritten werden darf.

Urlaubsanspruch Kündigung in der Probezeit

Auch während der Probezeit haben Mitarbeiter*innen Anspruch auf Urlaub, also auch im Falle einer Probezeitkündigung. Der Urlaubsanspruch bemisst sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Urlaubsanspruch berechnen bei Kündigung

So berechnen Sie die restlichen Urlaubstage Ihrer Mitarbeitenden ganz unkompliziert.

Um den Resturlaub zu berechnen, gehen Sie wie folgt vor:

  • Ermitteln Sie den gesetzlichen Mindesturlaub: Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 20 Tage pro Jahr bei einer 6-Tage-Woche und 24 Tage pro Jahr bei einer 5-Tage-Woche.
  • Bestimmen Sie den Zusatzurlaub: Zusätzlicher Urlaub kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.
  • Berechnen Sie den anteiligen Urlaub: Dies hängt wie oben beschrieben von Kündigungsdatum und Betriebszugehörigkeit ab.
  • Ziehen Sie den bereits genommenen Urlaub ab: Vom errechneten Urlaubsanspruch müssen Sie den Urlaub abziehen, den die Arbeitnehmenden bereits genommen haben.

Beispiel Berechnung Urlaubsanspruch:

Eine Beschäftigte mit einer 5-Tage-Woche hat einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Tagen und einen Zusatzurlaub von 6 Tagen. Sie kündigt am 31. Mai.

Berechnung des Resturlaubs:

  • Gesetzlicher Mindesturlaub: 24 Tage
  • Zusatzurlaub: 6 Tage
  • Gesamturlaubsanspruch: 30 Tage
  • Anteiliger Urlaubsanspruch: 30 Tage / 2 = 15 Tage
  • bereits genommener Urlaub: 10 Tage
  • Resturlaub: 15 Tage – 10 Tage = 5 Tage

Abgeltung Urlaubsanspruch bei Kündigung

Können Beschäftigte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihren Resturlaub nicht mehr nehmen, so ist dieser vom Arbeitgeber abzugelten. Die Abgeltung erfolgt in Höhe des durchschnittlichen Bruttoverdienstes.

Berechnung der Abgeltung:

Die Abgeltung des Urlaubsanspruchs wird wie folgt berechnet:

  • Bestimmen Sie den gesetzlichen Mindesturlaub.
  • Bestimmen Sie den zusätzlichen Urlaub.
  • Den anteiligen Urlaub berechnen.
  • Den bereits genommenen Urlaub abziehen.
  • Berechnen Sie den durchschnittlichen Bruttolohn: Der durchschnittliche Bruttolohn errechnet sich aus den letzten drei Bruttomonatsgehältern vor der Kündigung.

Die Urlaubsabgeltung wird wie folgt berechnet:

Resturlaub x durchschnittliches Bruttogehalt / Anzahl der Arbeitstage im Jahr.

Beispiel Berechnung Urlaubsabgeltung

Eine Arbeitnehmerin mit einer 5-Tage-Woche hat einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Tagen und einen Zusatzurlaub von 6 Tagen. Sie kündigt zum 31. Mai. Ihr Resturlaub beträgt 5 Tage. Ihr durchschnittlicher Bruttolohn beträgt 2.500 Euro. Das Jahr hat 220 Arbeitstage.

Berechnung der Vergütung:

Resturlaub: 5 Tage

Durchschnittlicher Bruttoverdienst: 2.500 Euro

Zahl der Arbeitstage im Jahr: 220

Vergütung: 5 Tage x 2.500 Euro / 220 = 56,82 Euro

Urlaubsanspruch bei Kündigung Rechner

Online finden Sie auch viele Tools, die Ihnen die Berechnung noch einfacher machen.

Ausnahmen

Die Urlaubsabgeltung ist die Regel, wenn Arbeitnehmer*innen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihren Resturlaub nicht mehr nehmen können. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen der Urlaub nicht abgegolten werden muss.

1. Der Urlaubsanspruch ist vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen:

Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr: Der Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr verfällt grundsätzlich am 31. März des Folgejahres. Haben Beschäftigte ihren Urlaub bis zu diesem Zeitpunkt nicht genommen und können sie ihn auch nicht mehr nehmen, verfällt der Anspruch ersatzlos.

2. Langzeiterkrankung:

Sind Arbeitnehmer*innen im Laufe des Jahres langzeiterkrankt und können ihren Urlaub wegen der Erkrankung nicht nehmen, verfällt der Urlaubsanspruch nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss ihnen in diesem Fall die Möglichkeit geben, den Urlaub nach seiner Genesung zu nehmen.

3. Tarifverträge oder Zusatzvereinbarungen

Arbeitgeber können zusätzliche vertragliche Vereinbarungen über die Urlaubsabgeltung treffen, sofern diese für die Beschäftigten von Vorteil sind. Zum Beispiel ist es zulässig, nicht genommenen Urlaub, der normalerweise verfallen würde, dennoch zu gewähren oder abzugelten, da dies für Arbeitnehmer*innen von Vorteil ist.

In Tarifverträgen kann der Arbeitgeber individuelle Regelungen zur Urlaubsabgeltung treffen. Auch diese dürfen jedoch nicht zulasten der Angestellten gehen.

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Häufige Fragen und Antworten

Wann steht einem bei Kündigung der volle Urlaubsanspruch zu?

Bei einer ordentlichen Kündigung haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf ihren vollen Urlaub. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für zusätzlichen Urlaub, der z. B. im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag vereinbart wurde. Generell sollte der Kündigungstermin so gewählt werden, dass der Resturlaub noch vor Ablauf des Austrittsdatums genommen werden kann.

Wie viel Urlaub steht Arbeitnehmer:innen zu, wenn sie in der ersten Jahreshälfte kündigen?

Bei einer Kündigung bis zum 30. Juni des Jahres haben Beschäftigte Anspruch auf anteiligen Urlaub.

Welchen Urlaubsanspruch hat man bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte?

Bei einer Kündigung in der zweiten Jahreshälfte des Jahres und nach mindestens 6-monatiger Beschäftigung haben Mitarbeiter*innen grundsätzlich Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.

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