Die Aussteuerung tritt dann ein, wenn Arbeitnehmende länger als 78 Wochen aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig krankgeschrieben sind. Dann endet die Zahlung des Krankengeldes durch die Krankenkasse. Wann hier ein Arbeitsverhältnis endet, hängt davon ab, wie es mit den jeweiligen betroffenen Beschäftigten weitergeht. Im folgenden Artikel erfahren Vorgesetzte alles Wichtige zu diesem Thema.
Key Facts
- Nach 78 Wochen Arbeitsunfähigkeit, in denen das Krankengeld von der Krankenkasse gezahlt wird, endet der Anspruch auf diese Leistung. Dieser Vorgang wird als Aussteuerung bezeichnet.
- Das Arbeitsverhältnis endet jedoch nicht automatisch, sondern erst, wenn über eine nachfolgende Leistung – in der Regel die Erwerbsminderungsrente – entschieden wurde.
- Arbeitgebende müssen bereits mit dem Ablauf des Krankengeldbezugs die betroffenen Beschäftigten bei der Sozialversicherung abmelden.
- Was bedeutet Aussteuerung?
- Die Nahtlosigkeitsregelung: Arbeitslosigkeit bei Arbeitsunfähigkeit
- Wichtige Informationen zum Ende des Arbeitsverhältnisses und Krankengeld: Was Arbeitgeber wissen müssen
- Wann endet das Arbeitsverhältnis nach Aussteuerung: Das müssen Vorgesetzte tun
- Wann endet ein Arbeitsverhältnis bei langer Krankheit – Zusammenfassung
Disclaimer: Aus SEO-Gründen verzichten wir in diesem Beitrag auf das Gendern des Begriffs Arbeitgeber. Es sind alle Geschlechter mitgemeint.
Was bedeutet Aussteuerung?
Arbeitnehmende erhalten zunächst für sechs Wochen eine Lohnfortzahlung von ihren Vorgesetzten, wenn sie aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig sind. Danach erhalten die Betroffenen die Lohnersatzleistung in Form des Krankengeldes von der Krankenkasse.
Das Krankengeld wird jedoch nicht unbegrenzt gezahlt. Der Anspruch endet, wenn Arbeitnehmende länger als 78 Wochen innerhalb von drei Jahren wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig sind. Dieses Ende des Anspruchs wird als „Aussteuerung“ bezeichnet.
In einem solchen Fall sollten Betroffene, die aus gesundheitlichen Gründen ihren bisherigen Job nicht mehr oder überhaupt keinen Beruf mehr ausüben können, eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Es kommt jedoch nicht selten vor, dass zum Zeitpunkt des Auslaufens des Krankengeldbezugs der Rentenversicherungsträger noch keine Entscheidung über den Rentenanspruch getroffen hat.
In diesem Fall entsteht eine Lücke: Die Betroffenen befinden sich offiziell noch in einem Arbeitsverhältnis – auch wenn sie weiterhin arbeitsunfähig sind – erhalten aber keine Zahlungen mehr, weder Krankengeld noch Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Das ist eine rechtlich und finanziell heikle Situation, die für die Betroffenen mit großer Unsicherheit verbunden ist.
Auch Arbeitgeber wissen oft nicht, wann genau hier ein Arbeitsverhältnis endet und welche Regelungen hier gelten. Wir erklären es im Folgenden.
Hinweis: Laut Techniker Krankenkasse (TK) sind die meisten Beschäftigten – zumindest die Mitglieder der TK, auf deren Angaben der Gesundheitsreport basiert – zwischen 1 und 3 Tagen bzw. 3 bis 7 Tagen krankgeschrieben. Diese kurzen Krankheitsdauern machen bereits über 60 Prozent aller Krankheitsfälle aus.
Nur etwa 3,5 Prozent der arbeitsunfähig gemeldeten TK-Mitglieder sind länger als 42 Tage krankgeschrieben.
Die Nahtlosigkeitsregelung: Arbeitslosigkeit bei Arbeitsunfähigkeit
In diesem besonderen Fall greift eine spezielle Regelung: die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung.
Nach dem Ende des Krankengeldbezugs erhalten die Betroffenen das sogenannte Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit (§ 145 SGB III). Dabei handelt es sich um eine besondere Form des Arbeitslosengeldes – auch wenn offiziell keine Arbeitslosigkeit im klassischen Sinne vorliegt. Diese Leistung wird gezahlt, bis eine nachfolgende Leistung, in der Regel die Erwerbsminderungsrente, bewilligt oder über den Anspruch entschieden wurde.
Während dieser Zeit erhalten die Betroffenen weiterhin Arbeitslosengeld und bleiben krankenversichert. Die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung übernimmt die Agentur für Arbeit.
Wichtige Informationen zum Ende des Arbeitsverhältnisses und Krankengeld: Was Arbeitgeber wissen müssen
Das Arbeitsverhältnis gilt weiterhin als nicht beendet, solange über den Rentenanspruch noch nicht entschieden wurde. Die betreffende Person ist also formell noch beschäftigt, muss sich aber trotzdem offiziell arbeitslos melden.
Arbeitgeber können in dieser Phase kein Direktionsrecht mehr gegenüber der betroffenen Person ausüben – das heißt, es besteht keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung, und der Betrieb kann keine Weisungen mehr erteilen.
Wann endet das Arbeitsverhältnis nach Aussteuerung: Das müssen Vorgesetzte tun
Abmeldung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses
Arbeitgeber müssen, sobald feststeht, dass eine Aussteuerung bevorsteht, die betroffene Person bei der Sozialversicherung abmelden.
Als Meldegrund ist Grund 30 anzugeben:
„Abmeldung wegen Ende einer versicherungspflichtigen Beschäftigung“.
Basis hierfür ist die „Gemeinsame Verlautbarung zum Fortbestand des Versicherungsverhältnisses bei Arbeitsunterbrechungen ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt“.
Beitragsfreies einmaliges Arbeitsentgelt
Zahlen Arbeitgeber nach dem Ende des Krankengeldbezugs den ausscheidenden Arbeitnehmenden noch ein einmaliges Arbeitsentgelt – z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld –, bleibt diese Zahlung unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei.
Ein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach Ende des Krankengeldbezugs bleibt beitragsfrei, wenn
- im laufenden Kalenderjahr keine SV-Tage (Sozialversicherungstage) vorliegen,
also die betroffene Person kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten hat, da sie durchgehend arbeitsunfähig war, und - die Abmeldung bei der Sozialversicherung bereits erfolgt ist,
also das Beschäftigungsverhältnis mit dem Ende des Krankengeldbezugs als beendet gilt.
Da die Beschäftigten bereits 78 Wochen wegen derselben Krankheit krankgeschrieben worden sind, werden im laufenden Kalenderjahr vermutlich meist ausschließlich beitragsfreie Zeiten vorliegen.
Ausnahme: Erfolgt die Einmalzahlung jedoch in den Monaten Januar bis März und gab es im Vorjahr beitragspflichtige Zeiten, wird die Einmalzahlung dem Vorjahr zugeordnet.
Ist man automatisch gekündigt, wenn man ausgesteuert ist?
Nein, das Arbeitsverhältnis wird nicht automatisch gekündigt. Vielmehr kommt es auf die individuelle Situation der Arbeitnehmenden an.
Ist absehbar, dass die betroffene Person nach dem Ende des Krankengeldbezugs nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren kann – also weiterhin arbeitsunfähig bleibt und eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nimmt –, endet das Arbeitsverhältnis in der Regel mit dem Antritt der Rente, sofern keine andere Regelung getroffen wurde.
Ist jedoch eine Rückkehr in den Job grundsätzlich möglich, haben Arbeitnehmende das Recht, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. In diesem Fall liegt es an Arbeitgebern und Arbeitnehmenden, gemeinsam eine stufenweise Wiedereingliederung oder alternative Lösungen zu vereinbaren.
Das kann z. B. eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz sein – etwa wenn schwere körperliche Arbeit nach einer Erkrankung (z. B. Bandscheibenvorfall, Rückenprobleme) nicht mehr möglich ist. Auch reduzierte Arbeitszeiten oder Anpassungen der Tätigkeiten können infrage kommen.
Eine Kündigung seitens des Arbeitgebers aus krankheitsbedingten Gründen darf zudem nur unter den streng geregelten Voraussetzungen erfolgen, die sich aus dem Kündigungsschutzgesetz für krankheitsbedingte Kündigungen ergeben.
Was ist mit Urlaubsanspruch nach Aussteuerung?
Der Urlaubsanspruch besteht weiterhin, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Solange also die nachfolgende Leistung, wie beispielsweise eine Erwerbsminderungsrente, noch nicht in Kraft ist, haben die betroffenen Personen grundsätzlich weiterhin Anspruch auf ihre Urlaubstage.
Wann endet ein Arbeitsverhältnis bei langer Krankheit – Zusammenfassung
Nach einer Aussteuerung endet das Arbeitsverhältnis für die betroffenen Arbeitnehmenden nicht automatisch. Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen, bis die nachfolgende Leistung eintritt. Sind die Arbeitnehmenden nach der Aussteuerung wieder arbeitsfähig, haben sie das Recht, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Ist dies nicht der Fall, endet das Arbeitsverhältnis beispielsweise, wenn die Erwerbsminderungsrente eintritt oder ein Arbeitgeber unter Einhaltung der Bedingungen des Kündigungsschutzes bei krankheitsbedingten Kündigungen eine Kündigung ausspricht.
👉 Tipp: Damit alles korrekt aufgezeichnet ist und gerade für solche Fälle keine Fehler unterlaufen, empfiehlt sich die Nutzung einer HR-Software. Diese erfasst alle Abwesenheiten, einschließlich Eintrittsdatum, Krankengeldzahlungen der Krankenkasse und ausstehende Urlaubstage, und berechnet diese automatisch.