Das Dienstalter ist ein Schlüsselfaktor im Arbeitsrecht. Von ihrer Dauer hängen viele arbeitsrechtliche Regelungen ab. Arbeitgebende sollten daher die Regelungen kennen und wissen, welche Zeiten zur Betriebszugehörigkeit zählen und welche nicht.
Im folgenden Artikel geben wir Ihnen daher einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Informationen zum Thema Betriebszugehörigkeit.
Key Facts
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist ein wichtiger Indikator im Arbeitsrecht und beeinflusst z. B. die Kündigungsfristen und die Höhe von Abfindungen.
- Zur Betriebszugehörigkeit zählen alle Zeiten, in denen ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, einschließlich Mutterschutz, Elternzeit, Kurzarbeit und bezahlter Freistellung, nicht jedoch z. B. unbezahlter Urlaub oder unbezahlte Praktika.
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit in Deutschland ist rückläufig.
- Was heißt Betriebszugehörigkeit?
- Kündigungsfrist: Betriebszugehörigkeit
- Betriebszugehörigkeit und Abfindung
- Berechnung Betriebszugehörigkeit
Was heißt Betriebszugehörigkeit?
Definition: Betriebszugehörigkeit
Die Betriebszugehörigkeit bezeichnet die Dauer, die eine Person ohne Unterbrechung bei einem Unternehmen bzw. einem bestimmten Arbeitgebenden beschäftigt ist.
Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsrechts. Nach ihr richten sich z. B. Kündigungsfristen oder Abfindungsansprüche.
Beginn und Ende der Betriebszugehörigkeit
Der Zeitraum dieser Zugehörigkeit beginnt mit dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses und endet mit Austritt aus dem Unternehmen.
Betriebszugehörigkeit bedeutet jedoch nicht immer, dass die Arbeitnehmenden tatsächlich ununterbrochen gearbeitet haben. Auch bestimmte Zeiten, wie z. B. der Mutterschutz, werden auf die Dauer angerechnet.
Aber dazu später mehr. Schauen wir uns zunächst die Auswirkungen der Betriebszugehörigkeitsdauer auf arbeitsrechtliche Regelungen wie Kündigungsfristen und Abfindungen an.
Studie
Insgesamt ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit in Deutschland rückläufig. Waren im Jahr 2013 noch fast 50 Prozent der Beschäftigten zehn Jahre und länger in einem Betrieb beschäftigt, waren es laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2023 nur noch 41 Prozent.
Kündigungsfrist: Betriebszugehörigkeit
Die im Arbeitsrecht gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitgebende und Arbeitnehmende stehen in direktem Zusammenhang mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Dabei gilt: Gibt es im Arbeitsvertrag keine anderweitig festgelegten Fristen, gilt die in § 622 BGB festgelegten, gesetzliche Kündigungsfrist.
Kündigungsfristen für Arbeitgebende
Möchten Sie also ein Beschäftigungsverhältnis mit Mitarbeitenden auflösen, müssen Sie folgende gesetzliche Kündigungsfristen beachten:
- Bei einer Anstellung von 0 bis 6 Monaten gilt in der Regel die Probezeit. Hier beträgt die Kündigungsfrist 2 Wochen und kann zu jedem beliebigen Tag erfolgen. (Die Probezeit darf höchstens sechs Monate betragen. Endet die Probezeit vertraglich bereits nach z. B. drei Monaten, so gilt dann bereits die nächstfolgende Kündigungsfrist.) Darüber hinaus gelten folgende Regelungen in Abhängigkeit von der Beschäftigungsdauer:
- ab 2 Jahren: 4 Wochen; immer zum Ende eines Kalendermonats oder zum 15. des Monats
- 5 Jahre: 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 8 Jahre: 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 10 Jahre: 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 12 Jahre: 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 15 Jahre: 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats
- 20 Jahre: 7 Monate zum Ende des Kalendermonats
Die Betriebszugehörigkeit hat also enormen Einfluss auf die Kündigungsfrist. Möchten Sie also Beschäftigte kündigen, die 20 Jahre in Ihrem Betrieb angestellt waren, beträgt der Zeitraum zwischen Übermittlung der Kündigung und dem Austritt der Beschäftigten aus dem Unternehmen ganze sieben Monate!
Und wie sieht es mit der Kündigungsfrist nach 25 Jahren Betriebszugehörigkeit aus?
Ab einer Anstellung von 20 Jahren im selben Betrieb steigt die Kündigungsfrist nicht weiter an. Auch wenn Beschäftigte 25 Jahre im Unternehmen tätig waren, gilt eine Frist von sieben Monaten.
Gelten die gleichen Kündigungsfristen für Arbeitnehmende wie für Arbeitgebende?
Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind für Arbeitgebende und Arbeitnehmende bis zu einer Dauer von 2 Jahren gleich. Das heißt: Für Arbeitnehmende beträgt die Kündigungsfrist immer vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.
Wichtig: Als arbeitgebende Person können Sie die gesetzlich festgelegten Kündigungsfristen nur verlängern, aber nie verkürzen!
Betriebszugehörigkeit und Kündigungsschutz
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit beeinflusst auch den Kündigungsschutz, den bestimmte Arbeitnehmende genießen.
So gilt bei betriebsbedingten Kündigungen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Danach müssen Arbeitgebende eine Sozialauswahl durchführen. Diese entscheidet, welche Arbeitnehmenden am wenigsten sozial schutzwürdig sind. Zu den Kriterien, die die Sozialauswahl beeinflussen, gehört zum Beispiel die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Das bedeutet, dass Arbeitnehmende, die länger im Betrieb beschäftigt sind, eher vor einer Kündigung nach Sozialauswahl geschützt werden. Weitere Kriterien sind u. a. das Lebensalter, Unterhaltspflichten oder auch eine Behinderung.
Ausnahmen gelten u. a. für Führungskräfte und Mitarbeitende mit besonderen Fähigkeiten.
Abfindung
Auch die Höhe der Abfindung kann sich durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit verändern.
Generell gilt jedoch: Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Dieser kann sich aber aus dem Arbeitsvertrag oder auch aus Tarifverträgen ergeben. Häufig wird bei einem Aufhebungsvertrag eine Abfindung gezahlt, damit beide Seiten im Guten auseinander gehen. Darüber hinaus kommt die Abfindung auch oft bei betriebsbedingten Kündigungen zum Einsatz.
Als Faustregel können sich Arbeitgebende an folgender Formel orientieren:
0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit.
Das bedeutet an konkreten Beispielen:
Was steht einem nach 10 Jahren Betriebszugehörigkeit zu?
Arbeitnehmer X mit einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren und einem monatlichen Bruttogehalt von 2.000 Euro könnte nach dieser Faustformel eine Abfindung von 10.000 Euro erhalten (10 Jahre x 2.000 Euro x 0,5).
Was bekommt man bei 15 Jahren Betriebszugehörigkeit?
Arbeitgeber Y beschäftigt Arbeitnehmerin Z bereits seit 15 Jahren. Sie scheidet nach 15 Jahren aus dem Unternehmen durch einen Aufhebungsvertrag aus. Arbeitgeber Y zahlt ihr eine Abfindung und orientiert sich an oben genannter Faustregel. Sie verdient 3.000 Euro.
Nach der Formel (3.000 x 15 x 0,5) stünden ihr also 22.500 Euro Abfindung zu.
Berechnung Betriebszugehörigkeit
Grundsätzlich ergibt sich die Betriebszugehörigkeit aus dem ersten Tag des Eintritts ins Unternehmen bis zum Tag des Austritts. Für die korrekte Berechnung ist es wichtig zu wissen, welche Zeiträume überhaupt zur Betriebszugehörigkeit zählen und welche nicht.
Schauen wir uns also die verschiedenen Zeiträume an:
Zeiten, die zur Betriebszugehörigkeit zählen:
Mutterschutz und Erziehungsurlaub: Diese Zeiten zählen voll, auch wenn in diesem Zeitraum keine Arbeit geleistet wird. Auch der Kündigungsschutz bleibt währenddessen bestehen.
Krankheitszeiten
Selbstverständlich haben krankheitsbedingte Fehlzeiten keinen Einfluss auf die Zugehörigkeitsdauer. Krankheitsbedingte Fehlzeiten, auch Langzeiterkrankungen, zählen zur Betriebszugehörigkeit.
Bezahlter Urlaub
Auch bei urlaubsbedingten Abwesenheiten wird nichts von der Dauer subtrahiert. Diese Zeit zählt voll, da das Arbeitsverhältnis normal weiterläuft.
Kurzarbeit
Kurzarbeit, einschließlich Kurzarbeit Null (wenn überhaupt nicht gearbeitet wird), zählt voll, da das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Mutterschutz und Elternzeit
Diese Zeiten werden vollständig auf die Zugehörigkeit angerechnet.
Ausbildungszeit
Bleiben Azubis nach ihrer Ausbildungszeit im selben Betrieb, zählt diese ebenfalls zur Betriebszugehörigkeit dazu.
Bezahlte Praktika
Die Zeit eines bezahlten Praktikums kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Betriebszugehörigkeit angerechnet werden, wenn die Praktikant*innen im Anschluss an das Praktikum im Unternehmen verbleiben.
Teilzeit & Minijob
Die Anrechnung ist unabhängig davon, ob Beschäftigte in Teilzeit oder Vollzeit arbeiten. Dies gilt auch für Minijobs.
Zeiten, die nicht zur Dauer der Betriebszugehörigkeit zählen:
Unbezahlter Urlaub
Unbezahlter Urlaub wird in der Regel nicht angerechnet. Während dieser Zeit ruht das Anstellungsverhältnis und die Bezüge werden nicht gezahlt.
Unbezahlte Praktika
Die Zeit, in der eine Person ein unbezahltes Praktikum in einem Unternehmen absolviert hat und anschließend möglicherweise im Unternehmen bleibt, wird nicht angerechnet.
Zeitarbeit
Personen, die von einer Zeitarbeitsfirma in ein Unternehmen entsandt werden, haben keinen Anspruch auf Anrechnung ihrer Betriebszugehörigkeit in dem Unternehmen, in das sie entsandt werden.
Zeiten mit unklaren Regelungen
Freistellungen wie beispielsweise ein Sabbatical-Jahr
Für ein Sabbatical gibt es keine festen Regelungen, die landesweit und für alle Unternehmen gelten. Ein Sabbatical (oft auch Sabbatjahr genannt) ist eine längere Auszeit von der Arbeit, die Beschäftigte nehmen. Was sie in dieser Zeit tun, bleibt ihnen überlassen.
Arbeitgebende handeln hier meistens die Bedingungen des Sabbatjahres mit den Mitarbeitenden selbst aus. Für bestimmte Branchen und Berufe (bspw. Beamte) gibt es gesetzlich festgelegte Regelungen, die sich aber von Bundesland zu Bundesland unterscheiden können.
Kurze Unterbrechungen
Es kommt vor, dass Arbeitnehmende aus einem Betrieb ausscheiden und nach kurzer Zeit wieder eintreten. Auch hier kann in vielen Fällen die frühere Betriebszugehörigkeit angerechnet werden. Allerdings gibt es keine genaue Regelung, welcher Zeitraum hier als „kurze Unterbrechung“ gilt. Meistens wird ein Zeitraum von 6 Monaten als Richtwert angenommen.
Für Arbeitgebende: Wie berechnet man die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit?
Um die durchschnittliche Dauer der Beschäftigten in Ihrem Unternehmen zu ermitteln, gehen Sie wie folgt vor:
Sie dividieren die Summe der Betriebszugehörigkeitszeiten durch die Gesamtzahl der Beschäftigten.
Dieser Wert ist ein wichtiger Indikator für Arbeitgebende, da er Auskunft über die Stabilität der Belegschaft gibt.