Job Hopping ist in Deutschland nach wie vor eine Ausnahme, anders als beispielsweise in den USA, weshalb Arbeitgebende hierzulande traditionell (übermäßig) viele Lebenslauf-Stationen ihrer Bewerber*innen mitunter kritisch beachten. Gleichzeitig zeigt sich aber: Deutschlands jüngere Arbeitnehmergeneration ist weitaus wechselwilliger als ältere Generationen. Unternehmen müssen sich entsprechend anpassen und Ihre Prozesse umdenken, denn Job Hopper sollten beim Bewerbungsprozess, auch in Anbetracht des hiesigen Fachkräftemangels, nicht pauschal stigmatisiert werden. Wie gehen Sie also am besten mit Job Hopping um? Mehr dazu und der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt klären wir im folgenden Artikel.
Key Facts
- Es gibt keinen fest definierten Zeitraum, ab wann Arbeitnehmende als „Job Hopper“ gelten. Allgemein wird hierfür aber oftmals ein Wechsel des Arbeitgebenden alle ein bis drei Jahre angesetzt.
- Der Hauptgrund für Job Hopping ist denkbar einfach: Arbeitnehmende erhoffen sich allem voran Karrieresprünge und Gehaltssteigerungen.
- Als allgemeine Faustregel lässt sich festlegen: Je jünger die Generation der Arbeitnehmenden, desto wechselwilliger ist sie mit Hinblick auf ihren Job.
- Was genau ist Job Hopping eigentlich?
- Diese Gründe treiben Job Hopper an
- Wie stark ist Job Hopping in einzelnen Branchen vertreten?
- Für Arbeitgebende sind Job Hopper eine Herausforderung – aber ebenso eine Chance
- Wie können Unternehmen reagieren, wenn sie selbst Mitarbeitende verlieren?
- Ständiger Jobwechsel: Die Psychologie dahinter
- Potenzielle Job Hopper frühzeitig identifizieren und Strategien im Umgang damit schaffen
Was genau ist Job Hopping eigentlich?
Job Hopping hat es mittlerweile sogar in den Duden geschafft: Dieser definiert den Begriff als häufigen Stellenwechsel, meist mit dem Ziel „Karriere zu machen“. Der Begriff selbst stammt ganz offenkundig aus dem angelsächsischen Raum, wo „hopping“ so viel wie „hüpfen“ oder „springen“ bedeutet. Arbeitnehmende „springen“ also häufiger innerhalb von kurzen Zeiträumen, beispielsweise nach einem bis drei Jahr(en), zu einem anderen Unternehmen und heuern dort an.
Aus Sicht der Arbeitnehmenden können die Gründe vielschichtig sein. Auffällig ist, dass schon eine Gallup-Studie aus dem Jahr 2021 deutlich aufzeigte, dass die jüngere Generation Z deutlich wechselwilliger als beispielsweise die Baby-Boomer-Generation ist. Letztere verbrachte nicht selten, vor allem im damaligen DDR-Deutschland, ihr komplettes Arbeitsleben in einem Unternehmen. Heute ist das nur noch selten der Fall – zum Beispiel bei kapitalstarken, gut zahlenden DAX-Konzernen wie Volkswagen, die viele Aufstiegsmöglichkeiten bieten.
Diese Gründe treiben Job Hopper an
Übergreifend sind es natürlich schlicht die besseren Aussichten: Indem sie den job wechseln, möchten Arbeitnehmende ihre eigene Situation auf irgendeine Art und Weise verbessern – vielleicht auch gleich in mehreren Punkten.
Hauptantrieb ist – das sollte nicht überraschen – der Wunsch nach einem höheren Gehalt. Das zeigt eine aktuelle Studie zum Thema auf. Dort gaben 63 % der Befragten an, sie würden ihren Job wechseln, wenn sie danach ein besseres Gehalt erwartet.
Daran angelehnt sind Perspektiven für Aufstiegsmöglichkeiten. Diese sind insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht immer gegeben. Fehlt es an Aufstiegsmöglichkeiten, fehlt es oftmals auch an (größeren) Gehaltssprüngen, womit wir automatisch wieder beim erstgenannten Grund wären.
Diese zwei Hauptgründe treiben Job Hopper vermehrt an, aber auch andere Gründe können eine Schlüsselrolle spielen. So zum Beispiel, wenn Arbeitnehmende ganz andere Erwartungen an den Job hatten, die Arbeitgebende nun in der Praxis aber doch nicht erfüllen konnten. Auch weitere „Soft-Faktoren“ wie beispielsweise die Stimmung im Betrieb oder die Work-Life-Balance, sind als mögliche Gründe zu berücksichtigen – insbesondere bei der jüngeren Arbeitnehmergeneration.
Seit der Corona-Pandemie dürfte ein weiterer Grund hinzugekommen sein, der ebenfalls oft genannt wird, aber nur auf einige Branchen zutrifft: Das Recht auf Homeoffice beziehungsweise Remote-Work. Im Handwerk oder der Pflege stellt sich die Frage danach natürlich gar nicht erst, aber speziell im Büro Arbeitende präferieren die Arbeit von zuhause aus, da es für sie einen Mehrgewinn an Lebensqualität bedeutet. Daher könnte ein Wechsel des Jobs bereits in Frage kommen, wenn das neue Unternehmen ein großzügiges oder sogar vollständiges Recht auf Homeoffice einräumt.
Wie stark ist Job Hopping in einzelnen Branchen vertreten?
Während sich die Frage nach dem „Wann sollte man den Job wechseln?“ mit den eben genannten Gründen ganzheitlich beantworten lässt, wenn auch nicht alle Gründe gleichermaßen auf jede individuelle Situation zutreffen, zeigt sich beim Job Hopping doch kein kohärentes, branchenübergreifendes Bild.
Hier lohnt sich ein Blick auf Ermittlungen vom Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd):
- im Jahr 1994 bezifferte sich die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit in Deutschland auf 11,1 Jahre, in 2019 lag sie bei 10,9 Jahren, seither dürfte sie weiter gesunken sein
- Spitzenreiter sind Angehörige des Kredit- und Versicherungsgewerbes, die zuletzt im Mittel 17,5 Jahre in ihrem Job blieben
- Job und Career Hopping ist vor allem in der Gastronomie omnipräsent, wo sich die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit nur auf 5,3 Jahre beziffert
- in der Metall- und Elektroindustrie ist der Trend rückläufig, von 13,2 Jahren in 1994 auf zuletzt rund 12 Jahre
Ein weiterer interessanter Fakt vom iwd: Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit korreliert positiv mit der Unternehmensgröße. Bei weniger als 20 Mitarbeitenden liegt die Betriebszugehörigkeit in Jahren im Durchschnitt um rund 40 % niedriger als bei großen Konzernen mit mehr als 2.000 Mitarbeitenden (8,1 Jahre vs. 12,9 Jahre).
Für Arbeitgebende sind Job Hopper eine Herausforderung – aber ebenso eine Chance
Aus Unternehmenssicht ist der anhaltende und stetig Fahrt aufnehmende Trend zum Job Hopping ein zweischneidiges Schwert. Wechseln eigens aus- und weitergebildete Fachkräfte, die im Unternehmen essentielle Rollen einnehmen, plötzlich den Job, sind die daraus resultierenden Herausforderungen offensichtlich: Denn Unternehmen investieren, zumindest im Idealfall, natürlich konsequent in ihre eigenen Fachkräfte. Verlassen diese Fachkräfte auf eigene Faust das Unternehmen, sind das Kompetenz- und Wissenstransfers, die schlimmstenfalls noch bei direkten Wettbewerbern landen.
Auf der Seite der Risiken und Herausforderungen werden von Arbeitgebenden typischerweise genannt:
- steigende Recruiting-Kosten
- temporär verminderte Produktivität durch Einarbeitung (sowie damit assoziierte Kosten)
- potenzieller Imageverlust, wenn Unternehmen regelmäßig viele Arbeitnehmende verlieren
- mitunter negative Auswirkungen auf das Betriebsklima und zuvor eingespielte Teams
Gleichzeitig treten aber auch Chancen und Vorteile auf, zumindest wenn Unternehmen in der Lage sind solche Job Hopper für sich selbst zu gewinnen:
- neu ins Unternehmen eingetretene Arbeitnehmende bringen einen frischen Wind und eine neue/andere Perspektive mit
- beim vorherigen Unternehmen vermitteltes Wissen und Know-how wird in Ihr Unternehmen transferiert
- flexiblere Anpassung an dynamische Marktlagen, vor allem in wettbewerbsstarken und konjunkturanfälligen Branchen
- Job Hopper bringen meist viel Motivation und einen klaren Antrieb zur karrieretechnischen sowie beruflichen Weiterentwicklung mit
Wie können Unternehmen reagieren, wenn sie selbst Mitarbeitende verlieren?
Hierfür ist zwangsläufig notwendig, sich in die Situation der Arbeitnehmenden zu versetzen und sich damit als Unternehmen die Frage zu stellen, warum und wann sie den Job wechseln. Das fällt Inhaber*innen, die ihr Unternehmen selbst aufbauen, meist etwas schwieriger als extern angeheuerten Führungskräften. Gleichermaßen sind sich beide, wenn sie fundiert und nüchtern die Situation der Arbeitnehmenden betrachten, etwaiger Gründe aber oft genug durchaus bewusst.
Die Lösungsfindung liegt also darin, die Gründe zu eliminieren oder abzuschwächen, die Mitarbeitende zu einem Jobwechsel bewegen könnten. Ist das durchschnittlich gezahlte Gehalt gegenüber den brancheninternen Wettbewerbern unterdurchschnittlich, liegt die Verbesserungsmöglichkeit auf der Hand. Selbiges gilt, wenn es beispielsweise keine Weiterbildungsmöglichkeiten oder Karrierewege innerhalb des Unternehmens gibt – hier müssten dann neue Karrierepfade für Arbeitnehmende geschaffen werden. Insbesondere, wenn diese am Career Hopping interessiert sind, also beispielsweise eine verwandte, aber nicht identische Position ausfüllen möchten, könnte das im Idealfall im Unternehmen selbst geschehen.
Gezielte Maßnahmen zur stärkeren Mitarbeitendenbindung, eine verbesserte Work-Life-Balance und eine stärkere Identifikation zwischen Arbeitnehmenden und dem Unternehmen sind weitere Möglichkeiten. Ein ständiger Jobwechsel ist der Psychologie nach nämlich durchaus fordernd und oftmals nicht die präferierte Option – auch nicht von Arbeitnehmenden, die sich selbst als potenzielle Job Hopper beschreiben würden.
Ständiger Jobwechsel: Die Psychologie dahinter
Sowohl die Gründe als auch die Auswirkungen, wenn Arbeitnehmende häufiger den Job wechseln, sind durchaus vielfältig und subjektiv. Die psychologischen Beweggründe überschneiden sich weitgehend mit den sachlichen Gründen für den Jobwechsel.
Zu berücksichtigen sind dabei:
- ein ständiger Karriere-, Wachstums- und Verbesserungsdrang
- akute Unzufriedenheit und fehlende Perspektive
- Langeweile, auch aufgrund von Unterforderung
- Fluchtverhalten, speziell bei Konflikten oder schlechter Stimmung am Arbeitsplatz
- FOMO (Fear of Missing Out) – also die Angst, etwas zu verpassen – in Bezug auf womöglich bessere Chancen, die Arbeitnehmende nicht nutzen können, wenn sie nicht selbst aktiv werden
Die Auswirkungen von Job und Career Hopping selbst können sowohl positiver als auch negativer Natur sein. Arbeitnehmende, die öfter das Unternehmen wechseln, entwickeln eine hohe Resilienz und Anpassungsfähigkeit an neue Situationen, steigern durch Gehalts- und Karrieresprünge ihr Selbstwertgefühl und lernen konsequent dazu.
Auf der Gegenseite verursachen derartige große Umstellungen Stress, sorgen mitunter für Unsicherheit und führen dazu, dass wenig emotionale und persönliche Bindungsmomente zwischen ständig wechselnden Kolleg*innen entstehen. Burnout ist bei Job Hoppern ebenso ein omnipräsentes Risiko – das könnte allerdings genauso zutreffen, wenn sie in ihrer aktuellen Situation eigentlich handeln und den Job wechseln sollten, es aber nicht tun.
Potenzielle Job Hopper frühzeitig identifizieren und Strategien im Umgang damit schaffen
Zeichnet sich ein potenzieller Job Hopper durch bestimmte Verhaltensweisen aus?
Menschen mit einer niedrigen Frusttoleranz, solche, die zur Vermeidung neigen, sehr karrierebewusst und ambitioniert oder alternativ sehr neugierig sind: Viele menschliche Eigenschaften legen den Grundstein für häufige Jobwechsel. Unternehmen und Personaler*innen sollten daher bewusst derartige Mitarbeitende identifizieren und darauf achten, diesen konsequent Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Außerdem unterstehen speziell sehr gut ausgebildete Fachkräfte und Talente einem hohen Wechselrisiko – es liegt an den Unternehmen, eine Situation zu schaffen, in der sich der Wunsch nach einem Arbeitgeberwechsel gar nicht erst manifestiert.
Das fängt schon bei der Analyse und Auswertung der Bewerbungen an. Factorial bietet Unternehmen eine ausgereifte Softwarelösung, um im Bewerbermanagement effizienter, agiler und dynamischer vorzugehen. Das Tool ist in der Lage, den gesamten Mitarbeiterzyklus abzudecken und bietet automatisierte Workflows und Analysen für wertvolle Insights. Sie wollen wissen, was Ihre Mitarbeitenden über ein bestimmtes Thema denken? Fragen Sie doch einfach Ihre Belegschaft mit Hilfe anonymer Umfragen und setzen Sie da mit Maßnahmen an, wo Sie die Wurzel des Problems identifiziert haben.