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Anzeichen für innere Kündigung erkennen + Gegenmaßnahmen

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7 Minuten Lesezeit

Eine Kündigung erfolgt nicht immer erst dann, wenn Arbeitnehmende die Kündigung einreichen, sondern häufig bereits vorher: Nicht selten haben Beschäftigte in solchen Fällen bereits innerlich gekündigt und lange vorher Leistungsabfall und resignatives Verhalten an den Tag gelegt. Diese sogenannte innere Kündigung kann dem Unternehmen großen Schaden zufügen.

Deshalb ist es wichtig, dass Vorgesetzte und Personalverantwortliche erste Anzeichen frühzeitig erkennen, um Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Im folgenden Artikel stellen wir Ihnen alles rund um das Thema vor und zeigen Ihnen, wie Sie vorgehen können.

Key Facts

  1. Innere Kündigung äußert sich in nachlassender Leistungsbereitschaft und unzureichender Aufgabenerfüllung.
  2. Mitarbeitende haben dabei innerlich mit ihrem Job abgeschlossen und zeigen Desinteresse und Resignation.
  3. Die Ursachen sind vielfältig. Überlastung, geringe Entlohnung und mangelnde Wertschätzung sind die Hauptauslöser.

Vorlage Ordentliche Kündigung

Innere Kündigung: Was bedeutet das?

Definition: Innere Kündigung

Innere Kündigung oder englisch Silent Quitting ist ein immer häufiger anzutreffendes Phänomen in der Arbeitswelt.

Innere Kündigung beschreibt in diesem Zusammenhang Beschäftigte, die zwar weiterhin ihren beruflichen Aufgaben am Arbeitsplatz nachgehen, sich aber innerlich bereits von der Arbeit getrennt haben, also innerlich gekündigt haben. Dies zeigt sich häufig darin, dass diese Mitarbeitenden dann nur noch eine negative Arbeitshaltung zeigen, die sich durch Desinteresse, Resignation und fehlende Motivation ausdrückt. Die Produktivität ist stark reduziert. Oft leidet auch das gesamte Arbeitsklima unter den Arbeitnehmenden, die innerlich gekündigt haben.

Die innere Kündigung ist in der Regel eine Reaktion auf den zunehmenden Druck in der Arbeitswelt und die hohe Unzufriedenheit auf und mit Arbeit vor allem der jüngeren Generationen. Die Work-Life-Balance kann in vielen Berufen nicht in dem Maße gewährleistet werden, wie es notwendig wäre.

Engagement, Eigeninitiative oder Motivation fehlen gänzlich. Dies kann fatale Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und Produktivität der Mitarbeitenden und damit negative Folgen für das Unternehmen haben.

Innerlich gekündigt: ein schleichender Prozess

Tatsache ist, dass die innere Kündigung nicht von heute auf morgen erfolgt, sondern ein schleichender Prozess ist. Die Ursachen können vielfältig sein. Diese werden wir im Laufe des Textes näher beleuchten. Für Vorgesetzte und Personaler*innen ist jedoch vor allem wichtig: Wer die Ursachen kennt, kann diese beseitigen. Verantwortliche sind also gut beraten, sich mit den Ursachen auseinanderzusetzen, sodass sie so schnell wie möglich handeln und gegensteuern können, um den Schaden für das Unternehmen gering zu halten.

Unterschied stille und innere Kündigung

Innere und stille Kündigung (also das vor wenigen Jahren viral gegangene Phänomen „Quiet Quitting“) sind sich ziemlich ähnlich. Der Unterschied liegt vor allem im Ausmaß des Rückzugs von der Arbeit.

Bei der inneren Kündigung findet ein emotionaler Rückzug aus Unzufriedenheit statt. Die Mitarbeitenden empfinden ihre Arbeit oft nur noch als sinn- und bedeutungslos, sie haben faktisch mit der Arbeit abgeschlossen, zeigen Desinteresse und eine deutlich reduzierte Arbeitsmoral. Die innere Kündigung äußert sich in einer negativen Arbeitshaltung und führt nicht selten zur tatsächlichen Kündigung.

Beim „Quiet Quitting“ hingegen erbringen die Mitarbeitenden noch die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitsleistung – sie leisten eben bloß noch Dienst nach Vorschrift. Hier stehen darüber hinaus die eigene psychische Gesundheit und eine bessere Work-Life-Balance sowie die Vermeidung von Ausbeutung und eine andere Sicht auf die Arbeitswelt im Vordergrund.

Ursachen der inneren Kündigung

Die Ursachen für stille und innere Kündigung im Job sind in vielerlei Hinsicht ähnlich. Der Hauptunterschied zwischen beiden liegt vor allem in der Tiefe der Betroffenheit, die diese Ursachen bei den Beschäftigten auslösen. Bei der inneren Kündigung werden diese als viel grundlegender empfunden als die Gründe, die zu einer stillen Kündigung führen.

Eine aktuelle Studie der Krankenkasse Pronova BKK wirft ein neues Licht auf die Ursachen der inneren Kündigung. Grundsätzlich bestätigt die Studie, dass innere Kündigung bzw. Quiet Quitting ein aktuelles Thema unter den Beschäftigten ist. Rund die Hälfte der Befragten konnte dies bejahen. Insbesondere die jüngere Generation, die im Allgemeinen mehr Wert auf die mentale Gesundheit und die eigenen Grenzen legt, hat Verständnis für eine Arbeitskraft, die innerlich kündigt.

Als Hauptgründe werden in der Studie folgende Ursachen genannt:

  • Zustand der Überlastung bzw. zu viel Stress (70 Prozent)
  • Geringe Bezahlung (69 Prozent)
  • Fehlende Wertschätzung (68 Prozent)
  • Belastende Arbeitszeiten (68 Prozent)

Darüber hinaus gaben die Befragten weitere Gründe an. Dazu zählen u. a.:

  • Probleme mit Vorgesetzten und Kolleg*innen
  • fehlender Sinn
  • keine Aufstiegsmöglichkeiten
  • keine Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Unzufriedenheit mit den Aufgaben/mit der Tätigkeit/mit den Arbeitsbedingungen
  • fehlende/geringe Autonomie
  • mangelnde Benefits
  • fehlende Familienfreundlichkeit/fehlende Work-Life-Balance
  • gesundheitliche Gründe

Auswirkungen der inneren Kündigung

Wie wirkt sich eine innere Kündigung konkret im Unternehmen und auf das Arbeitsverhältnis aus?

Es liegt auf der Hand, dass die innere Kündigung zu einem eklatanten und spürbaren Leistungsabfall der Beschäftigten führt. Das Unternehmen ist daher in der Regel mit einem Qualitäts- und Produktivitätsverlust konfrontiert. Nicht selten kommt es auch zu erhöhten Fehlzeiten der betroffenen Mitarbeitenden.

Insgesamt ist die Leistung und die Arbeitskraft an sich nicht so, wie sie sein sollte. Für das Unternehmen bedeutet dies: Minderung des Unternehmenserfolgs sowie höhere Kosten. Nicht selten leidet darunter auch das Betriebsklima, da andere Kolleg*innen möglicherweise mehr leisten müssen. Dies kann zur Fluktuation oder sogar Abwanderung kompetenter Angestellter führen. So kann die innere Kündigung das gesamte Unternehmen in einen Strudel ziehen, aus dem es so schnell nicht wieder herauskommt.

Für Personaler*innen ist es hier wichtig, die ersten Anzeichen einer inneren Kündigung bei ihren Beschäftigten zu erkennen.

Anzeichen für innere Kündigung

Im Folgenden stellen wir einige typische Anzeichen für eine innere Kündigung vor. Die Anzeichen machen sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar.

Bei Personen mit innerer Kündigung sind vor allem die Veränderungen im Verhalten am offensichtlichsten. Diese Veränderung äußert sich z. B. in:

Leistungseinbruch:

Die jeweiligen Beschäftigten erledigen Aufgaben im Job unzureichend, unvollständig oder sogar teilweise gar nicht mehr. Es besteht keine Leistungsbereitschaft mehr – bis hin zur Leistungsverweigerung.

Erhöhte Fehlzeiten

Plötzlich melden sich Mitarbeitende häufiger krank, manchmal für Außenstehende ohne ersichtlichen Anlass.

Meidung von Verantwortung/keine Eigeninitiative:

Die Leistungsbereitschaft der Menschen sinkt gegen null. Sie vermeiden es, im Job Verantwortung zu übernehmen und bringen sich nicht mehr ein.

Soziale Isolation:

Auch die Teamfähigkeit der Mitarbeitenden kann rasch abnehmen. Interaktionen im Team werden vermieden. Es findet eine soziale Isolation bzw. ein sozialer Rückzug am Arbeitsplatz statt.

Dieses veränderte Verhalten kann von Personaler*innen oder auch der Abteilungsleitung schneller erfasst und bemerkt werden. Eine innere Kündigung macht sich aber auch im Denken und Fühlen der betroffenen Person bemerkbar. Sensible und empathische Personaler*innen bzw. Führungskräfte können daher bereits aus bestimmten Äußerungen, Gesichtsausdrücken oder der Körpersprache auf eine innere Kündigung schließen. Dazu gehören z. B.:

Perspektivlosigkeit/Resignation

Nicht selten überkommt die Betroffenen ein Gefühl der Absurdität, d. h. ein Gefühl der Ohnmacht. Sie sehen ihre Arbeit als völlig aussichtslos an und resignieren.

Dies äußert sich nicht selten in Zynismus, Desinteresse, scheinbarer Langeweile, Apathie und Lethargie, aber auch in aggressivem und genervtem Verhalten gegenüber Führungskräften oder dem Team.

Für die Betroffenen drückt sich die innere Kündigung nicht selten direkt in körperlichen Symptomen aus. Dies können Schlaflosigkeit, ständige Müdigkeit oder auch Kopfschmerzen sein. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit der Betroffenen offensichtlich weiter eingeschränkt.

Innere Kündigung: Phasen

Wie bereits eingangs erwähnt, erfolgt eine innere Kündigung nicht plötzlich, sondern eher schleichend.

So entsteht zunächst eine Phase der Frustration. Diese Frustration ist in der Regel auf eine der oben genannten Ursachen zurückzuführen. Die innerlich Gekündigten stellen ihre Rolle und Perspektive im Unternehmen oder ihre Tätigkeit an sich infrage, sind unzufrieden mit dem Kollegium, beginnen sich unwohl zu fühlen, fühlen sich fehl am Platz. In dieser Phase kann noch relativ gut gegengesteuert werden. Empathische Personaler*innen sollten bereits diese Phase schnell erkennen und handeln. Denn es folgt bereits die nächste, die des Leistungsabfalls.

Nach einiger Zeit zeigen die betroffenen Mitarbeitenden in der Regel ein desinteressiertes bis resigniertes Verhalten. In der Endphase äußert sich die innere Kündigung bereits in einer passiv-aggressiven Haltung gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten.

Gegenmaßnahmen: Das können Sie gegen die innere Kündigung der Mitarbeitenden tun

Im Idealfall ist die gesamte Unternehmenskultur auf die Mitarbeiterzufriedenheit abgestimmt und ausgerichtet. Unternehmen, die erst dann Maßnahmen ergreifen, wenn sich möglicherweise bereits mehrere Quiet Quitter oder innerlich Gekündigte im Unternehmen entwickelt haben, können nur schwer gegensteuern. Am wirksamsten sind langfristige Maßnahmen. Schauen wir uns diese zuerst an, bevor wir zu den SOS-Maßnahmen übergehen.

Zu den nachhaltigen Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreifen kann, gehören beispielsweise:

Überprüfung der Mitarbeiterzufriedenheit

Durch Feedbackgespräche und Befragungen sollten Unternehmen die Mitarbeiterzufriedenheit regelmäßig überprüfen, um gegebenenfalls nachsteuern zu können. Dazu gehören natürlich Verhaltensweisen der Führungskräfte wie Lob und Wertschätzung, aber auch Rahmenbedingungen wie gute Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ein angenehmes Arbeitsumfeld. Weitere Maßnahmen finden Sie auch in unserem Blog zum Thema Mitarbeiterzufriedenheit.

Offene Kommunikation und Transparenz

Je offener Unternehmen kommunizieren, desto zufriedener fühlen sich die Mitarbeitenden. Zufriedene Arbeitnehmende sind weniger geneigt, innerlich zu kündigen.

Mitbestimmung und neue Aufgaben

Insbesondere wenn Beschäftigte unterfordert sind, kann es helfen, sie herauszufordern, indem man ihnen mehr Verantwortung überträgt. Dies vermittelt den Angestellten das Gefühl, wertgeschätzt zu werden, ernst genommen zu werden und wichtig zu sein. Auch bei sehr monotonen Tätigkeiten kann es sinnvoll sein, den Mitarbeitenden andere Aufgaben zu übertragen, um für Abwechslung zu sorgen.

Gute Führung

Gute Führung ist entscheidend, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen und innere Kündigungen zu vermeiden. Studien zeigen immer wieder, dass sich viele Beschäftigte über schlechte Führung beklagen oder dass schlechte Führung sogar ein Grund ist, den Arbeitsplatz zu wechseln. Investieren Sie lieber zu viel als zu wenig in die Kompetenzen Ihrer Führungskräfte. Sie sind das A und O Ihres Unternehmens.

Faire Vergütung und Benefits

Auch die sinnvollste Arbeit nützt nichts, wenn die Beschäftigten am Ende kaum über die Runden kommen. Wertschätzung bedeutet auch finanzielle Wertschätzung. Achten Sie also darauf, dass Ihre Mitarbeitenden angemessen bezahlt werden. Und obendrauf sind Benefits sinnvoll, um sie an das Unternehmen zu binden.

Sicherheit und Stabilität

Sicherheit, d. h. zum Beispiel ein unbefristeter Vertrag, trägt wesentlich dazu bei, dass Beschäftigte nicht innerlich kündigen. Perspektivlosigkeit oder ein mögliches Job-Hopping durch befristete Verträge führen nicht selten zur Resignation und damit zur inneren Kündigung.

SOS-Maßnahmen

Was aber tun, wenn Sie bereits fortgeschrittene Anzeichen bei dem Arbeitnehmer X aus der Marketingabteilung bemerken? Für langfristige Maßnahmen wird es zu spät sein. In diesem Fall können nur folgende Vorkehrungen getroffen werden:

Suchen Sie unbedingt das Gespräch mit dem betroffenen Arbeitnehmer X. Fragen Sie ihn direkt nach den Gründen für sein Verhalten. Liegt die Ursache in einer Überforderung, können Sie z. B. andere Aufgaben, den Abbau von Überstunden oder freie Tage anbieten, um den Druck für den betroffenen Mitarbeiter zumindest kurzfristig zu mindern.

Weitere Maßnahmen können Coaching, Mentoren-Programme oder kreativere Lösungen wie Job Rotation sein. Auch eine Gehaltserhöhung oder das Anbieten von konkreten Benefits kann helfen, die Situation zu lindern.

Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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