Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Manteltarifvertrag und einem regulären Tarifvertrag? Was hat es mit dem Günstigkeitsprinzip auf sich und was besagt eigentlich die Bezugsklausel?
In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Punkte zu Inhalten, Bindung und Dauer von Manteltarifverträgen zusammen.
Kurz erklärt:
- Ein Manteltarifvertrag (MTV) legt die grundlegenden Arbeitsbedingungen einer Branche oder eines Unternehmens fest – etwa Arbeitszeit, Zuschläge, Urlaub, Schicht‑/Nachtarbeit, Ausschlussfristen und Arbeitssicherheit. Die Entgelthöhe steht dagegen in gesonderten Entgelt‑/Gehaltstarifverträgen.
- MTVs laufen meist länger als gewöhnliche Verträge und wirken nach Kündigung bis zur Ablösung fort.
Arbeitsrecht: Was ist ein Manteltarifvertrag?
Manteltarifverträge gelten im Arbeitsrecht im Gegensatz zu regulären Tarifverträgen für einen längeren Zeitraum. Sie werden zwischen den Mitgliedern einer Gewerkschaft auf der einen Seite und den Arbeitgebern bzw. Arbeitgebervertreter*innen auf der anderen Seite geschlossen.
Wichtig ist, dass die Tarifautonomie gilt, die sich aus Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes ergibt. Demnach können Verträge nur bedingt durch bestimmte Einschränkungen durch den Staat beeinflusst werden können. Mittlerweile legt der Staat in bestimmten Bereichen über allgemeinverbindliche Tarifverträge oder den öffentlichen Dienst Mindeststandards fest, die wie Richtlinien wirken.
Geregelt werden können Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und mehr.
Meistens laufen diese spezielleren Tarifverträge, bis einer der Vertragsparteien den Vertrag kündigt. Danach muss dann ein neuer Vertrag ausgehandelt werden. Manteltarifverträge können also teilweise sehr lange oder sogar unbefristet gültig sein.
Die bekanntesten Verträge sind u.a.:
- Der Manteltarifvertrag MFA 2025 wurde zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten und dem Verband medizinischer Fachberufe geschlossen.
- Der Manteltarifvertrag iGZ: Der iGZ Manteltarifvertrag wurde zwischen dem Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. und dem Deutschen Gewerkschaftsbund abgeschlossen.
- Für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie gilt der Manteltarifvertrag IG Metall in Baden-Württemberg.
- Der Manteltarifvertrag Versicherung wurde zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV) e.V. und ver.di abgeschlossen.
- Der Bundesangestelltentarif (BAT) wurde durch den Manteltarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvöD) ersetzt.
Inhalte des Manteltarifvertrages
Welche Inhalte haben Manteltarifverträge genau und was ist der Unterschied zwischen diesen und Lohn- oder Tarifverträgen?
Diese Verträge haben eher allgemeinere Inhalte, die sich auf Arbeitsverhältnisse beziehen.
So beispielsweise:
- Der Arbeitsort.
- Fragen zur Einstellung eines Mitarbeitenden wie die Dauer der Probezeit o. ä.
- Urlaub, Urlaubslänge und Sonderurlaub bei Hochzeit, Geburt eines Kindes …
- Krankmeldungen und Umgang mit Krankheiten (Lohnfortzahlungen sind durch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt und Details zugunsten der Arbeitnehmenden ggf. im Rahmenvertrag).
- Richtlinien der Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten, Ausschlussfristen
- Weiterbildungsmöglichkeiten im Unternehmen.
- Regelungen hinsichtlich Mehrarbeit, Nacht- und Schichtarbeit.
- Überstunden und Regelungen zur Dokumentation und Vergütung.
- Datenschutzrichtlinien.
- Fragen zur Arbeitssicherheit.
- Zusatzleistungen wie die betriebliche Altersvorsorge.
Übrigens darf der Urlaub nur zum Vorteil der Arbeitnehmenden vom Arbeitsvertrag abweichen. Oft ist festgelegt, dass je länger Mitarbeitende im Unternehmen tätig sind, diese auch einen höheren Urlaubsanspruch haben.
Achtung: Nicht vorhanden sind Inhalte zu Lohn und Gehalt sowie Tarifstufen. Diese werden in Lohn- und Gehaltstarifverträgen genauer bestimmt.
Tipp: Mit der Business Management Software von Factorial können Ihre Mitarbeitenden jederzeit Ihren Arbeitsvertrag in der digitalen Personalakte einsehen und haben Zugriff auf Ihre Dokumente und persönlichen Informationen. Vertträge etc. können einfach e-signiert werden – sogar von unterwegs dank der mobilen App!
Vorteile des Manteltarifvertrages
Durch das sogenannte Günstigkeitsprinzip (§4 des TVG) können Bestimmungen im Rahmen von Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen ausgesetzt werden, die vom Manteltarifvertrag abweichen. Diese müssen allerdings günstigere Vorschriften für den Arbeitnehmenden aufweisen.
Allgemein gelten immer die Bestimmungen, die für den Mitarbeitenden und das Arbeitsverhältnis positiver ausfallen. So auch, wenn eine Bestimmung im Anstellungsvertrag günstiger für den Arbeitnehmenden ist als die Bestimmung im Manteltarifvertrag: Dann gilt die Klausel des Arbeitsvertrages.
Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden
Welche Pflichten kommen auf Arbeitgeber zu, wenn ein Manteltarifvertrag geschlossen wurde?
– Generell gilt, dass Arbeitgeber die Regelungen dieses Tarifvertrages einhalten müssen.
Müssen Unternehmen mitteilen, welcher Tarifvertrag zur Anwendung kommt?
– Betriebe müssen den Tarifvertrag im Unternehmen auslegen und so sichtbar machen. Arbeitnehmende können den Vertrag im Unternehmen oder ihrer Gewerkschaft einsehen.
Beschäftigte sollten sich auf jeden Fall mit den Regelungen im Manteltarifvertrag auseinandersetzen, da ihnen bei Nichtkenntnis ein Nachteil entstehen kann. So können beispielsweise unterschiedliche Kündigungsfristen oder Richtlinien bzgl. Urlaub im Manteltarifvertrag und im Anstellungsvertrag stehen. Auch Ausschlussfristen können bestehen.
Beispielsweise haben Mitarbeitende nur einige Monate Zeit, um den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass er gegen Urlaubsregelungen verstößt. Wenn sich der Mitarbeitende zu spät meldet, kann es sein, dass er seine Ansprüche nicht mehr geltend machen kann. Aber auch der Arbeitgeber muss sich an Ausschlussfristen halten – so kann ein Schadensersatz auch nur einige Monate eingefordert werden.
Übrigens: Mitarbeitende können den Arbeitsvertrag zu Beginn ihrer Tätigkeit im Unternehmen auch einfach einmal mit dem Manteltarifvertrag abgleichen.
Laufzeit, Fristen und Bindung von Arbeitnehmenden
Arbeitnehmende sind an Manteltarifverträge gebunden, wenn beispielsweise durch den Arbeitsvertrag auf diesen verwiesen wird.
Wenn es keine offizielle Tarifbindung gibt, können Unternehmen durch eine sogenannte Bezugsklausel auf die Gültigkeit eines Manteltarifvertrages verweisen. Je nach Wortlaut wirkt sie statisch (nur die Fassung bei Vertragsabschluss gilt) oder dynamisch (spätere Änderungen gelten mit). Eine einseitige Rücknahme ist nicht möglich – Änderungen ergeben sich nur durch neue Tarifverträge oder gemeinsame Vereinbarungen (Urteil des BAG vom Juni 2024).
Was passiert, wenn die Regelungen im Tarifvertrag von denen im Anstellungsvertrag abweichen?
– Wenn die Bedingungen im Tarifvertrag besser sind als im Arbeitsvertrag, gelten automatisch immer die Konditionen des Tarifvertrages. Dies wird auch als Tarifvorrang bezeichnet.
Wenn sich Kandidat*innen bei Unternehmen bewerben, die Mitglied in einem Arbeitgeberverband sind, gelten die Richtlinien des mit der Gewerkschaft ausgehandelten Tarifvertrages meist pauschal für alle Arbeitnehmenden. Auch manche Einzelunternehmen haben diese mit Gewerkschaften ausgehandelt. Wenn die Bewerber*innen also als Mitarbeitende in einem solchen Unternehmen anfangen, profitieren sie, unabhängig davon, ob sie in einer Gewerkschaft sind, vom Tarifvertrag des Betriebs.
Für manche Branchen oder Regionen gelten allgemeinverbindliche Regelungen. Diese werden durch das Bundesarbeitsministerium bestimmt. Konkret wird dies in einem Ausschuss besprochen, in welchem Arbeitgebervertreter*innen und Arbeitnehmervertreter*innen vorhanden sind.
D. h. alle betroffenen Unternehmen sind automatisch an den entsprechenden Vertrag gebunden.
Beispiele hierfür sind:
- Das Baugewerbe
- Gerüstbauer
- Land- und Forstwirtschaft
- Gartenbau etc.
Wenn Sie einmal nachsehen wollen, welcher Manteltarif für Ihr Unternehmen oder Ihre Branche gilt, können Sie in die Tarifdatenbank des Statistischen Bundesamt schauen. In dieser können Sie auch die Arbeitszeit, Sonderzahlungen oder Urlaubsdauer des jeweiligen Tarifvertrages einsehen.
Kündigungsfrist beim Manteltarifvertrag
Was gilt hinsichtlich der Kündigungsfrist von Arbeitnehmenden, welche in einem Betrieb mit Bindung an einen Manteltarifvertrag arbeiten?
Generell gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB:
- Während der Probezeit (max. 6 Monate): 2 Wochen jederzeit kündbar.
- Nach der Probezeit: 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.
- Nach 2 Jahren Betriebszugehörigkeit: 1 Monat zum Monatsende.
- Nach 5 Jahren: 2 Monate zum Monatsende.
- Nach 8 Jahren: 3 Monate zum Monatsende.
- Nach 10 Jahren: 4 Monate zum Monatsende.
- Nach 12 Jahren: 5 Monate zum Monatsende.
- Nach 15 Jahren: 6 Monate zum Monatsende.
- Nach 20 Jahren: 7 Monate zum Monatsende.
Die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten nicht unbedingt: Im Vertrag können auch kürzere oder längere Kündigungsfristen festgelegt werden.
Achtung: Für Arbeitnehmende darf keine längere Kündigungsfrist gelten als für den Arbeitgeber.
Welche Auswirkungen hat die Kündigung des Tarifs auf den Anstellungsvertrag?
Wenn ein Tarifvertrag gekündigt wird, hat dies keine Auswirkungen auf den Anstellungsvertrag. Nach § 4 Abs. 5 TVG wirkt der letzte Tarifvertrag weiter, bis er durch eine neue Vereinbarung ersetzt wird (z. B. neuer Tarifvertrag, Änderungsregelung).
Nur neu abgeschlossene Arbeitsverträge sind dann Tarif-frei.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Wie lange ist ein Manteltarifvertrag gültig?
Manteltarifverträge (MTV) gelten im Gegensatz zu regulären Tarifverträgen für einen längeren Zeitraum. Sie werden zwischen den Mitgliedern einer Gewerkschaft auf der einen Seite und den Arbeitgebern bzw. Arbeitgebervertreter*innen auf der anderen Seite geschlossen.
Wo finde ich den aktuellen Manteltarifvertrag?
In der Destatis‑Tarifdatenbank sowie über das BMAS‑Tarifregister/AVE‑Verzeichnis und die Tarifregister der Länder.
Betriebe müssen den Tarifvertrag außerdem im Unternehmen auslegen.
Gilt ein Manteltarifvertrag auch ohne Gewerkschaftsmitgliedschaft?
Ja, wenn eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag steht oder der Tarifvertrag allgemeinverbindlich erklärt wurde.
Für wen gilt der Manteltarifvertrag nicht?
Ein Manteltarifvertrag gilt nicht, wenn weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmender tarifgebunden sind und es keine Bezugnahmeklausel oder Allgemeinverbindlicherklärung gibt.

