Beim Thema Überwachung am Arbeitsplatz kräuseln sich bei vielen Arbeitnehmenden, völlig zu Recht, wahrscheinlich schon die Fußnägel. Überwacht wird schließlich niemand gerne, da das automatisch einen gewissen Eingriff in unsere Privatsphäre ebenso wie Persönlichkeitsrechte einschließt – das gilt am Arbeitsplatz genauso.
Andererseits lohnt es sich, die Dinge einmal aus der Perspektive der Arbeitgebenden zu sehen. Wie so oft im Leben entscheidet nämlich das Maß der Dinge über Recht und Unrecht – weshalb wir für Sie nun ebenso einmal genauer hinschauen.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Maßnahmen der Mitarbeiterüberwachung sind üblich und erlaubt, beispielsweise was die Einhaltung der Arbeitszeiten anbelangt. Alles darüber hinaus könnte aber schon problematisch sein.
- Ob eine bestimmte Überwachung am Arbeitsplatz erlaubt ist, hängt auch davon ab, wie offen und transparent diese kommuniziert und umgesetzt wird.
- Bei einer weitgreifenden Mitarbeiterüberwachung begeben sich Unternehmen immer in ein Minenfeld: Zahlreiche Gesetze ebenso wie daran angelehnte Gerichtsurteile stärkten in der Vergangenheit Arbeitnehmerrechte. Bei Verstößen drohen Unternehmen Bußgelder ebenso wie finanzielle Entschädigungszahlungen.
- Überwachung am Arbeitsplatz: Wie weit darf sie gehen und wann ist die Grenze überschritten?
- Gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Mitarbeiterüberwachung
- Ist die Überwachung am Arbeitsplatz erlaubt? – Verschiedene Überwachungsinstrumente in der Analyse
- Eine Überwachung am Arbeitsplatz durch Kolleg*innen – ist das erlaubt?
- Ist eine Überwachungskamera am Arbeitsplatz zulässig?
- Überwachung am Arbeitsplatz? Es geht auch besser – sogar ganz ohne Big Brother!
Überwachung am Arbeitsplatz: Wie weit darf sie gehen und wann ist die Grenze überschritten?
Bevor wir uns dem genauen rechtlichen Rahmen widmen, lassen Sie uns kurz einen Blick auf den Stand der Dinge werfen: Laut dem Forbes Magazin wissen mehr als 40 % der Mitarbeitenden, dass sie überwacht werden – und finden das wenig überraschend gar nicht gut. Gleichermaßen sind 68 % der Führungskräfte der Meinung, dass Mitarbeiterüberwachung mit einer steigenden Leistungsfähigkeit korreliert – empirische Beweise dafür gibt es aber nicht.
Wenig überraschend gehen die Ansichten zwischen Arbeitnehmenden und Manager*innen/Führungskräften und Geschäftsführer*innen also nicht selten deutlich auseinander. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Angaben bei Forbes auf den US-amerikanischen Raum konzentrieren, in Deutschland haben Arbeitgebende gar keine vergleichsweise große Handhabe. Das bringt uns nun zum rechtlichen Rahmen. Hierbei sind immer zwei Seiten zu beleuchten: Einerseits möchten Arbeitgebende gern stärker die Leistung ihrer Mitarbeitenden überwachen, um deren Produktivität (vermeintlich) zu steigern. Dem gegenüber stehen die Arbeitnehmer- und Persönlichkeitsrechte.
Wie oft Unternehmen über das Ziel hinausschießen, ist hinlänglich dokumentiert. Lidl erhielt im Jahr 2004 den unrühmlichen „BigBrotherAward“, weil Mitarbeitende unter anderem mit Detektiven bespitzelt, Toilettengänge protokolliert und versteckte Kameras und Tonaufnahmegeräte installiert wurden. Damit steht der Lidl-Konzern aber nicht allein da: Amazon, Deutsche Bahn und die Telekom sind weitere und längst nicht die einzigen Beispiele für Unternehmen, die wegen ihrer eigenen Überwachungsstandards in die öffentliche Kritik gerieten.
Gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Mitarbeiterüberwachung
Grundlegend erlaubt der Gesetzgeber zumindest ein Mindestmaß an Überwachung am Arbeitsplatz. Das trifft allen voran auf die Arbeitszeiten zu. Stempelkarten oder digitale Zeiterfassungen sind also unproblematisch. Von da an wird es aber etwas komplizierter. Das liegt an den folgenden Gesetzen, die allesamt bei der Überwachung am Arbeitsplatz eine Rolle spielen:
- Die Datenschutz-Grundverordnung DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz BDSG gelten auch in der Rolle von Arbeitnehmenden
- § 26 BDSG (Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) erlaubt eine moderate Datenverarbeitung, sofern diese für das Beschäftigungsverhältnis zwangsläufig notwendig ist
- weitere Kontrollmaßnahmen unterstehen laut DSGVO und BDSG besonderen Anforderungen
- Art. 1, 2 und 10 vom Grundgesetz sind ebenso zu berücksichtigen (Schutz der Menschenwürde, allgemeine Persönlichkeitsrechte und Fernmeldegeheimnis, was beispielsweise bei E-Mail- oder Geschäftshandy-Überwachungen greift)
Bei größeren Unternehmen mit einem Betriebsrat hat dieser zudem ein Mitbestimmungsrecht, sofern technische Überwachungsmaßnahmen etabliert werden sollen. Das regelt § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz).
Ist die Überwachung am Arbeitsplatz erlaubt? – Verschiedene Überwachungsinstrumente in der Analyse
Durch die Digitalisierung und den technologischen Fortschritt haben Arbeitgebende noch mehr potenzielle Instrumente zur Mitarbeiterüberwachung in die Hand gelegt bekommen. Für Arbeitnehmende denkbar schlecht, wobei viele dieser Instrumente den eben genannten Gesetzen strikten Grenzen unterliegen.
Wir haben für Sie einige Beispiele herausgesucht:
- Videoüberwachung: Ist eingeschränkt erlaubt, die Kameras müssen aber offen sichtbar sein, ein Hinweis ist notwendig. Verdeckte Videoüberwachung ist nur bei konkreten Verdachten möglich – beispielsweise Diebstählen im Lager. (Urteil 2 AZR 681/16 des Bundesarbeitsgerichts)
- E-Mail-Überwachung: Nur sehr eingeschränkt aufgrund des Fernmeldegeheimnisses möglich. Muss außerdem klar kommuniziert werden, falls eine dienstliche Überwachung stattfindet.
- Internet-Protokollierung: Eingeschränkt möglich, sofern ein ganz konkreter Missbrauchsverdacht vorliegt und die Bestätigung dessen zur Abmahnung oder außerordentlichen Kündigung führen soll. (Bundesarbeitsgericht 2 AZR 427/18)
- Keylogger und Bildschirmaufnahmen: Ohne konkreten Verdacht nicht erlaubt, generell eher problematisch. Nur bei schwerwiegenden Verdachtsfällen eine, rechtlich immer noch eher unsichere, Option. (BAG 2 AZR 597/16)
Eine nicht kommunizierte PC-Überwachung am Arbeitsplatz zu erkennen ist für technisch versierte Mitarbeitende oftmals nicht unbedingt komplex. Keylogger und Screenrecorder können in den laufenden Prozessen in Windows eingesehen werden, mitunter verlangsamen diese Softwarelösungen zudem das System. Mitunter gibt es auch Rückfragen von Vorgesetzten zu Dingen, die sich am Rechner abspielten und von denen diese eigentlich keine Kenntnis haben sollten. Wie leicht eine PC-Überwachung am Arbeitsplatz zu erkennen ist, verdeutlicht zugleich, warum diese rechtlich immer auf einem unsicheren Fundament stehen.
Verboten ist Arbeitgebenden die Überwachung, wenn:
-
- sie pauschal, verdeckt und dauerhaft erfolgt
- die Überwachung auch die private Kommunikation der Mitarbeitenden erfasst
- der Betriebsrat, sofern vorhanden, vorab nicht informiert wurde
- die gesammelten Daten noch anderweitig verwendet werden
Eine Überwachung am Arbeitsplatz durch Kolleg*innen – ist das erlaubt?
Die Überwachung am Arbeitsplatz durch Kolleg*innen ist eines der Instrumente, die Unternehmen am besten weitgehend umschiffen. Erstens greift das in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte ein, zweitens könnten Arbeitnehmende sogar dagegen klagen, da es sich nah an der Grenze zum Mobbing oder Stalking befindet.
Zwei besondere Fälle dahingehend möchten wir aber nicht unerwähnt lassen. Sofern ein konkreter Verdacht vorliegt und keine anderen Instrumente diesen bestätigen könnten, wäre solch eine Mitarbeiterüberwachung denkbar – durchgeführt durch einen explizit damit beauftragten (Compliance-)Mitarbeitenden. Auch Whistleblower-Systeme in sensiblen Industrien, die dem Hinweisgeberschutzgesetz unterstehen, könnten in anonymer Form etabliert werden. Diese sind aber nicht mit generellen, leistungsbezogenen „Informanten-Strukturen“ vergleichbar.
Ist eine Überwachungskamera am Arbeitsplatz zulässig?
Eine fest installierte, dauerhaft laufende Kamera, um die Arbeitsleistung zu überwachen? Das ist im Regelfall nicht zulässig, auch hier können wir uns erneut auf das zuvor schon erwähnte BAG-Urteil berufen.
Aber wann ist eine Überwachungskamera am Arbeitsplatz zulässig? Sofern diese Grundvoraussetzungen gegeben sind:
- um beispielsweise im Lager oder Einzelhandel Diebstahl durch Mitarbeitende vorzubeugen
- Kameras nur ausgewählte Räume und explizit nicht Pausenräume oder gar Toiletten aufzeichnen
- auf die Kamera jederzeit transparent, zum Beispiel durch eine Beschilderung, hingewiesen wird
- es keine anderen Möglichkeiten gibt, um gegen Diebstahl und Co. effizient zu schützen
Gemeinhin könnte solch eine offene und transparent kommunizierte Kamera auch die Arbeitsleistung überwachen. Sinn der Sache ist das eigentlich aber nicht. Viel strengere Regeln gelten indes, wenn die Kamera versteckt installiert wird und Mitarbeitende keinen Hinweis erhalten. Das ist wiederum nur bei konkreten Verdachten möglich, aber selbst dann nicht dauerhaft. Unternehmen sind außerdem gut beraten, vorab eine*n Jurist*in zur genauen Umsetzung und Prüfung zu beauftragen.
Überwachung am Arbeitsplatz? Es geht auch besser – sogar ganz ohne Big Brother!
Arbeitnehmende, Vorgesetzte, Aufsichts- und Betriebsrat: In einem erfolgreichen Unternehmen sollten sie alle an einem Strang ziehen. Es muss nicht unbedingt das „familiäre Miteinander“ sein, mit dem sich viele Unternehmen gern selbst anpreisen. Aber ein gesundes Maß an Vertrauen ist notwendig – und sorgt zugleich für eininnerbetriebliches harmonisches Miteinander, was nachweislich ebenfalls leistungssteigernd wirkt.
Mit der All-In-One HR-Software Factorial behalten Sie Mitarbeitende im Blick – aber nicht auf unzulässige oder gar überwachende Weise. Factorial ist Ihre 360-Grad-Lösung, um die Weichen auf effiziente Abläufe und ein transparentes sowie gemeinsames Performance- und Leistung-Tracking zu stellen. Auch eine Zeiterfassung, die rechtlich auf sicheren Beinen steht, ist damit möglich.
Halten Sie bei einer stattfindenden Kontrolle außerdem immer Best-Practice-Regeln ein: Transparenz, Verhältnismäßigkeit, Gesetzeskonformität und Notwendigkeit. Der erste Gedanke bei einer geplanten Überwachung am Arbeitsplatz sollte daher immer sein: Ist das überhaupt wirklich nötig?